Beamer an und Action! – Das Göttinger Unikino

Löwen, Meermenschen, sprechende Krabben, Prinzen, Hakuna Matata und zwischendurch ein paar mitreißende Musicalnummern – das geht nur bei der Disney-Nacht im Unikino. Ausgestattet mit Snack und Getränken sitzen Kristin und ich in einer der letzten Reihen im ZHG 011 – bereit, unsere Kindheitserinnerungen aufleben zu lassen. Das, was die ZuschauerInnen bei den Vorstellungen auf der Unikino-Leinwand sehen, ist allerdings nur die Spitze des Eisberges: Hinter dem Unikino verbirgt sich nämlich noch viel mehr als ein Blu-ray-Player, Beamer und eine Snacktheke…

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Ein paar Wochen zuvor…

Wir stehen vor dem ZHG 011, aber nicht um einen Film zu gucken, sondern weil wir mit Niklas Brandes vom Unikino verabredet sind. Pünktlich holt er uns ab und freut sich auf die, wie er es nennt, „Pressearbeit“ mit uns. Er bringt uns in den hintersten Bereich des Hörsaals, hinter die Kulissen, dorthin wo alle Fäden zusammenlaufen. Sympathisch chaotisch fliegen in den kleinen Durchgangsräumen Plakate, Kartons, Getränkekisten und Programmheftchen herum, die gleichzeitig die gesammelte Arbeit des aktuellen Kinosemesters zeigen. In einem kleineren Zimmer lagern die Snacks und Getränke für den Verkauf und ganz hinten steht ein Tisch mit zwei Stühlen, wo Kristin und ich Platz nehmen. Niklas holt sich eine Getränkekiste, setzt sich drauf und fängt an zu erzählen. Seit 2012 ist der Masterstudent Teil des Unikino-Teams. Mittlerweile leitet er es. Im kleinen Chaos hinter den Kulissen hat er den Durchblick: Stolz zeigt er uns die frisch gedruckten Eintrittskarten für die Harry-Potter-Nacht. „Die Idee ist es, jedes Semester zwei Teile zu zeigen, damit wir einmal die gesamte Reihe zeigen. Intern nennen wir das immer Double-Specials oder Double-Feature.“, sagt Niklas. Große Events wie diese habe es schon vor seiner Zeit gegeben. Aber das Interesse am Unikino sei unter den Studierenden damals noch nicht so groß gewesen, erinnert sich Niklas: „2012 hieß es noch: ‚Wenn hundert Leute kommen, dann sind wir zufrieden.‘ Jetzt ist es so, dass wir sagen: ‚Wenig los heute…‘, wenn zweihundert Leute kommen. Es hat sich schon krass gewandelt.“

Romcom, Thriller oder Fantasy – Egal in welche Filmwelten die ZuschauerInnen eintauchen, für das Team läuft ein normaler Unikino-Abend eher unspektakulär ab. Um 19 Uhr treffen sich alle zugeteilten Personen (in der Regel fünf bis sieben Leute) im Hörsaal. Dann geht jeder seinen Aufgaben nach: Technik, Snackstand, Kasse und Einlass. Ab 19.30 Uhr strömen schon die ersten Kinogänger ein und um 20 Uhr (bei großem Andrang auch 20.20 Uhr) startet das Vorprogramm, das heißt Werbung, Trailer und die Verlosung. Nach der Vorstellung wird aufgeräumt, die Toiletten gecheckt, der Hörsaal abgeschlossen und dem Wachmann Bescheid gesagt. Feierabend.
Das Programm für das Semester plant das Unikino-Team in der vorlesungsfreien Zeit. Dazu gehören Plakate drucken, Filmlizenzen besorgen und besondere Vorstellungen, wie das Science Cinema, vorbereiten. Dort werden ausgewählte Filme unter wissenschaftlicher Perspektive gezeigt. Dazu lädt das Unikino immer passende DozentInnen zum Film ein. Die Suche nach den richtigen ExpertInnen, wie zum Beispiel bei der Filmvorstellung von „Interstellar“, gestaltet sich dabei eigentlich immer einfach: „Wir haben in der Physikalischen Fakultät angerufen und gesagt, dass wir einen Dozenten für das Science Cinema brauchen: ‚Es geht irgendwie um so intergalaktische Reisen. Können Sie uns helfen?‘ Dann haben wir die Nummer von Professor Niemeyer bekommen. Der forscht auf diesem Gebiet und hat den Film schon fünfmal gesehen.“ Ein perfekter Kandidat war gefunden und das Science Cinema gesichert.

Für das Team steht die Filmauswahl für das anstehende Semester natürlich immer an oberster Stelle. Dabei fragen sie auch ihre ZuschauerInnen. Vielleicht habt ihr auch schonmal auf Facebook für eure Lieblingsfilme abgestimmt? So ist zum Beispiel die High-School-Musical-Nacht im Sommersemester 2017 entstanden, die vor allem das Unikino-Team überrascht hat: „Wir hatten das eigentlich gar nicht auf dem Schirm und dann haben sich das super viele Leute gewünscht“, erzählt Niklas.„‚Naja, machen wir mal…‘ haben wir uns gedacht. Und dann war die Hütte ausverkauft. Es war echt krass.“ Kristin und ich waren damals auch dabei und es war wirklich so gut, dass unsere Schokolade vor Freude und Karaoke-Stimmung geschmolzen ist.

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Zusätzlich zur öffentlichen Studi-Befragung trifft das Unikino-Team eine interne Auswahl. Bei Pizza und Bier schauen sich die Mitglieder gemeinsam alle möglichen Trailer an und bewerten die Filme auf einer Skala von eins bis fünf. Für manche die perfekte Gelegenheit, die im Studium gelernten Skills praktisch anzuwenden. „Wir haben einen Mathematiker bei uns im Team, der hat statistisch ausgewertet, dass die Bewertungen am Anfang noch relativ gut sind“, sagt Niklas. „Dann gehen die aber immer weiter runter, weil man keinen Bock mehr hat. Dann gibt es Pizza und die Bewertungen werden immer besser.“

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Im Team des Unikino sind Studis aus den unterschiedlichsten Fächern an Bord: „Von A wie Agrarwissenschaft bis Z wie Zahnmedizin ist wirklich alles dabei, und ich kann mich an keinen Studiengang in Göttingen erinnern, denn wir nicht schon mal hatten.“ Doch dann zögert Niklas und denkt nach. Vielleicht doch nicht alle… Pferdewissenschaften? Komparatistik? Die fehlen noch… Also auf, auf Pferdewissenschaftsstudis und KomparatistInnen! Ihr werdet gebraucht! Die Vielfalt im Team findet Niklas richtig gut: „Man arbeitet mit Leuten, mit denen man sonst vielleicht nie etwas zu tun hätte.“ Das gute Betriebsklima darf dabei natürlich nicht zu kurz kommen: Damit sich alle besser kennenlernen können und das Team gestärkt wird, gibt es viele Unternehmungen und Ausflüge, wie zum Beispiel Laser-Tag oder Städtetrips.

Im Moment sind circa 25 Leute im Unikino-Team dabei. Am Kinoabend selbst hat jeder schon mal alles gemacht. Aber es gibt noch andere Aufgaben, die eher im Hintergrund ablaufen, wie Social Media, Technik, Finanzierung und natürlich die Verlosungen. Niklas zeigt auf das Regal hinter uns. Dort lagert viel Krimskrams, bei näherem Hinschauen sehen wir aber ein System. Eine Harry Potter-Tasse, Harry Potter-Trivial Pursuit und einige Unikino-Becher. Das sind all die Gewinne der kommenden Verlosungen. Ganz oben steht ein Plüsch-Pumbaa und weiter unten liegt eine schicke Meerjungfrauen-Flossen-Decke. Meine Vorfreude auf die Disney-Nacht wächst und gedanklich sehe ich mich schon mit der Flossendecke durch meine Wohnung schwimmen (oder vielleicht einfach liegen).

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Sich selbst und seine Verlosungen finanziert das Unikino einerseits über den Ticketverkauf, anderseits durch Werbung und den Unikino-Verband: „Wir sind in einem Netzwerk, an dem fast alle Unikinos in Deutschland beteiligt sind“, erklärt Niklas „Da ist es so, dass wir so etwas Ähnliches wie ein Länderfinanzausgleich haben. Die guten Unikinos finanzieren sozusagen die kleinen Unikinos mit.“ Niklas lächelt bescheiden: „In Deutschland sind wir von den Besucherzahlen das bestbesuchte Kino.“ Im letzten Wintersemester haben sich circa 11.000 Göttinger Studierende Filme im Unikino angeschaut. Diese hohe Zahl macht vor allem das kalt-gute Kinowetter im Winter aus, aber auch „Die Feuerzangenbowle“ als Highlight in der Vorweihnachtszeit lockt viele Studis in den Hörsaal 011.

Zurück zur Disney-Nacht, die mittlerweile viele Fans angezogen hat. Der Plüsch-Pumbaa und die Meerjungfrauendecke finden zwei glückliche Besitzerinnen (wir sind leider leer ausgegangen) und das Publikum klatscht begeistert. Bevor das Licht gedämmt wird, schweift mein Blick noch einmal zum hinteren Teil des Hörsaals. Jetzt wird wohl der Blu-ray-Player angeschmissen. Zwei Leute vom Unikinoteam schauen gebannt auf die Leinwand. Funktioniert alles? Geht der Ton? Ja, es klappt. Hakuna Matata.

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Du willst das Unikino-Programm mitbestimmen? Dann vote bis zum 23. Juli für deine Lieblingsfilme in der Filmumfrage für das kommende Wintersemester.

Oder willst du lieber den Beamer anschmeißen, Snacks verkaufen und bei der Filmauswahl Pizza essen? Dann werde Mitglied beim Unikino Göttingen und schreib ihnen bei Facebook oder per Mail unter: team@unikino-goettingen.de.

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Swantje Hennings, 25, studiert im Master Komparatistik, vorher BA in Deutsch und Geschichte. In Göttingen oft für das Campusradio GöHört unterwegs und jetzt auch als Bluggerin auf Achse.

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