Tauschen statt Tindern

Die Gründer Stefan Baur, Malte Rojahn und Pascal Ludwig (von links)

Das letzte Spiel für die Playstation? Nach sechs Tagen durchgedaddelt.
Die alte Spiegelreflex-Kamera? Schon lange durch eine neue ersetzt.

Jeder von uns hat zu Hause Gegenstände herum liegen, die nicht mehr benutzt werden. Und die andere – vielleicht – gerne hätten. Genau auf dieser Idee basiert die App „Swoopstr“, die ein Göttinger Start-Up entwickelt hat.

„Tausch dich glücklich“ lautet das Motto der App, die auf dem Prinzip Tinder basiert. Wer sich anmeldet, kann seine Angebote online stellen und gleichzeitig gucken, was andere NutzerInnen anbieten. Per Wischen nach rechts oder links kommt ein Tausch zu stande. Oder eben nicht.

„Die Idee für die App ist durch Zufall entstanden“, sagt Pascal Ludwig. Der 29-jährige Wirtschaftsjurist hat in Göttingen und Dresden studiert. Beim Startup Weekend 2014 in der sächsischen Landeshauptstadt haben er und sein heutiger Geschäftspartner Malte Rojhan den Mathematiker Stefan Baur kennen gelernt und entschieden, dass sie gemeinsam unter die Gründer gehen wollen.

Damit liegen sie im Trend: Bis zu 300.000 Unternehmen werden in Deutschland jedes Jahr neu gegründet. Das entlastet den Arbeitsmarkt und sorgt für Innovationen.

„Beim Brainstormen kam die Idee für unsere App“, sagt Ludwig. Jeder habe Gegenstände, die nicht mehr benutzt werden. Ein neues Videospiel verliere schnell an Wert, ein Verkauf lohne sich dann oft nicht mehr, aber ein Tausch gegen etwas Anderes sei interessant.

Sowohl Verkauf als auch Tausch (siehe Screenshot) sind über die App möglich. NutzerInnen können untereinander unverbindlich Dinge zum Tausch vorschlagen. Wenn der oder die Andere akzeptiert, kommt ein Geschäft zu stande.

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Der Mathematiker Baur hat den Algorithmus entwickelt, der dafür sorgen soll, dass den UserInnen immer passende Vorschläge in der Umgebung gemacht werden. Je größer die Community wird, desto mehr kann auch vor Ort gehandelt werden.

Gefördert wird das Göttinger Start-Up durch Mittel des „Exist“-Programms, dem Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums. Unterstützung beim Antrag erhielten die drei Nachwuchs-Unternehmer von der Gründungsförderung der Universität Göttingen. Die steht Studierenden und Mitarbeitenden aller Fakultäten kostenlos offen.

„Wir vernetzen GründerInnen, schauen, ob Förderprogramme in Frage kommen und geben Feedback zur Geschäftsidee“, sagt Martin Stammann, Referent Wirtschaftskontakte von der Gründungsförderung der Uni Göttingen.

Um an das Stipendium zu kommen, muss ein Antrag geschrieben werden. Dazu benötigt man die Hilfe der Gründungsförderung und ProfessorInnen an der Uni, die das Projekt unterstützen.

 „Es hat ein paar Monate gedauert, den Antrag zu schreiben“, sagt der 26-jährige Wirtschaftsinformatiker Rojahn. Im Januar haben sie begonnen. Und im August war der Antrag fertig. „Die Kommunikation verlief per Skype“, erzählen die Gründer. Rojhan hatte zu der Zeit noch studiert, Baur steckte in der Promotion und Ludwig arbeitete Vollzeit.

Das Ministerium legt bei der Förderung Wert auf Innovation und wissenschaftlichen Gehalt – und die App erfüllte die Kriterien mit dem ausgeklügelten Algorithmus.

Im März diesen Jahres konnten die drei Gründer loslegen, in Uni-Nähe haben sie Räume bekommen und am 15. Juni ging die App für Apple- und Android-Systeme online. Die NutzerInnen werden regelmäßig befragt, um Verbesserungsvorschläge zu erhalten. „Wir gehen auch auf den Campus und fragen Leute, ob sie Lust haben, die App zu testen“, sagen die drei.

Und zugegeben: Die App sieht gut aus, die Bedienung geht leicht von der Hand. Doch wie verdient man so Geld, wenn lediglich die NutzerInnen untereinander tauschen?

„Es geht uns erstmal darum, eine Community zu schaffen“, sagt Ludwig. Später könne es möglich sein, Kleinanzeigen von lokalen Händlern oder Ketten zu schalten, die auf das Profil des Nutzers passen. „Es ist uns aber wichtig, keine Standardwerbung zu haben, die macht die App kaputt und wirkt wie ein Fremdkörper“, sagt Rojahn.

Was zunächst einfach klingt, ist mit einer Menge Arbeit verbunden. Zwischen 50 und 80 Stunden arbeiten die Gründer in der Woche. „Für mich bestand der Reiz schon immer darin, etwas Eigenes zu machen und eine Idee zu verwirklichen“, sagt Ludwig, der vorher als Trainee in Düsseldorf gearbeitet hat und für den Traum des Gründens Geldeinbußen in Kauf genommen hat.

Risikobereitschaft haben die drei auf jeden Fall bewiesen. Jetzt entscheiden die NutzerInnen, ob sich diese Göttinger Idee am Markt durchsetzen wird.

Oder ob das durchgezockte Playstation-Spiel weiter im Regal verstaubt.

 

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