Myanmar – Ein schüchternes Versprechen

Südostasien hat sie alle: Ü-40 Ehepaare in All-Inclusive Hotels, hippe Berliner, die ihre super authentische Bali-Surf-Action auf Instagram festhalten und die Backpacker, die nach Erkenntnissen suchen. Da Erkenntnisse schwierig zu finden sind, dürfen es auch gerne ein paar Länder mehr sein. Laos, Vietnam und Myanmar zum Beispiel. Die sind nicht nur wunderschön, sondern auch relativ unberührt von der Tourismus-Keule. Straßen und Verkehrsmittel sind noch schlecht ausgebaut und Improvisation steht an der Tagesordnung. Alles gut für die Selbstfindung.

Ich will mich nicht finden und krasse Surf-Action meinerseits würde höchstens für #Krankenhaus, #niewiederkrasseSurfAction reichen. Eine Freundin von mir studiert für zwei Semester in China und ich habe überlegt sie dort zu besuchen. Damit sich der Flug auch lohnt liegt eine Rundreise durch Südostasien nahe. Unter dem mächtigen China hängt das kleine Ländchen Myanmar, über das ich bis jetzt noch gar nichts weiß. Um mehr zu wissen war ich auf dem Myanmar Kulturabend der Uni. Eine Gruppe Myanmarnesen, Myanmarnier, Myanmama… nicht mal das weiß ich. Eine Gruppe Studierender aus Myanmar arbeitete mehrere Wochen an dem Abendprogramm. Gäste waren nicht nur Göttinger Studis, auch die Botschafterin kam höchstpersönlich aus Berlin angereist. Ihr Wunsch sei es, dass Myanmar und Deutschland durch den studentischen Austausch viele Kontakte knüpfen und ihr Land deutlicher ins internationale Bewusstsein rücke. Viel Zeit hatte die Botschafterin allerdings nicht, nach Ende der Veranstaltung verschwand sie binnen Minuten in einem schwarzen Wagen Richtung Hauptstadt.

Dass die Botschafterin sich heute Zeit genommen hat, freut Hauptveranstalter Maung Thiha Aung ganz besonders. Er veranstaltete bereits vor zehn Jahren einen Myanmar-Abend, als der junge Medizin- Student in Göttingen anfing. „Damals waren wir nur zu zweit“, erinnert sich Maung. „Es ist schön zu sehen, wie sich in Göttingen über die Jahre eine kleine Gemeinschaft an Myanmaren (aha!) gefunden hat.“ Den 19. April hat er nicht zufällig für die Veranstaltung gewählt, es ist das Wasserfest in Myanmar, das europäische Neujahr. Die Frauen haben über Wochen traditionelle Tänze eingeübt und sich von Zuhause Kleidung schicken lassen. Sie tanzen so schüchtern, wie sie lächeln, während ihre langen Zöpfe auf dem Rücken baumeln. Es sind leise Bewegungen, körperzentriert und nie ausufernd. Eine Kultur wie ein leises Kichern.

Vielleicht ist es das Leben fröhlicher Bescheidenheit, nach dem sich viele Europäer sehnen. Dabei war Myanmar über hundert Jahre unter englischer Herrschaft. Von den Bauten der Kolonialzeit ist viel übrig geblieben, von dem Reichtum jedoch nicht. Nach der englischen Herrschaft litt das Land unter einer grausamen Militärdiktatur. Erst seit 2011 hat Myanmar wieder einen demokratisch gewählten Präsidenten und seit diesem Jahr sogar den ersten zivilen. Htin Kyaw heißt er und in ihm liegen viele Hoffnungen. In den letzten Jahren wurden viele Hotels gebaut, die durch die schlechten Anbindungen jedoch teuer sind. Als Backpacking Route reizt Myanmar jedoch bereits seit Jahren. 2015 waren es mehrere Tausend, die mit dem Rucksack durch die Tempellandschaft zogen.

Vielleicht bin ich bald eine von ihnen. Denn wenn alle Myanmaren so freundlich sind, wie die Leute an diesem Abend ist Myanmar vor allen Dingen eins: Gut für die Seele.

Der nächste Kulturabend im Foyer International findet am 13.Juni statt. Diesmal im Fokus: die Tschechische Republik.

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