Ein Recht auf Bier – die ganze Nacht!

Mit diesen Anekdoten und Insidertipps kannst du beim nächsten Besuch deiner Eltern den obligatorischen Stadtrundgang aufpeppen.

Im Jahr 1881 zettelten Göttinger Studenten die sogenannte Bierrevolution an

Im Thanners die Nacht zum Tag machen, in der Biwi um 4 Uhr morgens bierselig zur Jukebox tanzen… Das gute alte Studentenleben! Und jetzt stell dir vor, es gäbe ein Gesetz, das uns Studenten vorschreibt, dass wir um Mitternacht alle Bars und Kneipen zu verlassen und ins Bett zu gehen hätten. Eine Unverschämtheit? Das dachten sich auch die Göttinger Studenten im Jahr 1881, als die Stadtverwaltung gegen die nächtliche Ruhestörung durch trinkende Studenten eine sogenannte Polizeistunde einführen wollte. Empört und auf ihr Recht zum nächtelangen Saufen pochend, zettelten die Göttinger Studenten am 14. Mai 1881 die „Bierrevolution“ an, die mehrere Tage andauern sollte.

Am Abend des 14. Mai waren alle Kneipen so brechend voll, dass sogar Bierfässer als Sitzgelegenheit dienten. Die Gastwirte machten den Umsatz ihres Lebens. Doch um Mitternacht begann die Polizei die Kneipen abzuklappern, um die Studenten nach Hause zu schicken. Diese boten den Beamten zunächst Bier an und versuchten sie versöhnlich zu stimmen. Doch mit der Polizei war nicht zu scherzen und sie räumte gewaltsam alle Kneipen. Kaum auf der Straße, stimmten die Vertriebenen Lieder an und grölten „Burschen heraus!“, woraufhin aus allen Häusern die Studenten auf die Straße strömten und in die Gesänge einstimmten. Alle Anwohner, die bis dahin noch selig geschlafen hatten, wurden spätestens jetzt aus dem Schlaf gerissen. Ganz friedlich ging es schon nicht mehr zu: bei ein paar Räumungen lieferten sich Studenten und Polizei Schlägereien und einige Revolutionäre wurden in den Karzer gebracht.

So ging es die nächsten Tage weiter: Statt in die Vorlesung zu gehen, wurde viel, viel Bier getrunken. Die Brauer, Bierfahrer und Kellner kamen schon fast nicht mehr hinterher. Und gleichzeitig füllte sich auch der Karzer – drinnen grölten die verhafteten Studenten jedoch einfach weiter ihre Lieder. Aber plötzlich schlug die Stimmung um. Ein Studententrupp war in die Polizeistation einmarschiert und hatte sie komplett auseinandergenommen. Im Haus des Oberbürgermeisters warfen sie alle Scheiben ein und zertrampelten seinen Garten. Es kamen sogar Züge mit Studenten aus Marburg, Jena und Berlin, die ihre Kommilitonen in Göttingen unterstützen wollten.

Langsam wurde es den Studenten in Göttingen aber zu ungemütlich, denn hunderte saßen bereits im Karzer. Also zogen sie weiter nach Bovenden, um dort die Kneipen zu belagern. Ganz entspannt machten sie in einer Gaststätte auf dem Weg erstmal Zwischenstopp, was ihnen allerdings zum Verhängnis wurde. Denn in der Zwischenzeit hatte der Oberbürgermeister Unterstützung vom Militär bekommen, das den Studenten bereits auf den Fersen war. Und so wurden die fröhlich trinkenden und nichtsahnenden Studenten von einer Schar Soldaten überrascht, die die Gaststätte stürmten und sie alle zurück nach Göttingen trieben.

Am nächsten Tag sollte der Revolution mit einer etwas ungemütlichen Methode endlich ein Ende bereitet werden: Die schon etwas spärlich gewordene Studentenschaft kam gerade von einer Protestversammlung auf dem Rhons zurück in die Stadt. Doch bei der Ankunft am Weender-, Albani-, und Gronertor, sowie an der Goetheallee und an der Nikolaistraße spritzten ihnen dicke Wasserstrahle entgegen und machten sie klatschnass. Die Feuerwehr hatte Position bezogen, um den Revolutionswillen von den Studenten herunter zu waschen. Mit Erfolg. Den Studenten wurden Geldstrafen verhängt und zweien drohte sogar ein Jahr Gefängnis. Das wollten die beiden sich dann aber doch nicht bieten lassen und setzten sich einfach nach Brasilien ab.

Da würde ich ja schon gerne wissen, was heute passieren würde, sollte so eine Polizeistunde bei uns eingeführt werden…

Gefunden habe ich diese Geschichte in dem Buch „Bullerjahn. Alt-Göttinger Studenten Anekdoten“ von Günther Meinhardt.

Written By

Gwendolyn Barthe, 22, studiert im Bachelor Soziologie. Beim Schreiben isst sie am liebsten Gummibärchen.

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