Hat jemand den Heimvorteil gesehen?

„Jaja, da gibt‘s mal nen Gratis-Schokoriegel, aber auch nur bei Vollmond und für Leute unter 1,60m.“ So denkt sicher nicht nur mein Freund über die Aktion Heimspiel. Diese läuft für Studenten, die ihren Hauptwohnsitz in Göttingen angemeldet haben und bietet 145 Ermäßigungen, aka Heimvorteile, in verschiedenen Läden und bei diversen Veranstaltungen. Schaut man sich den Heimvorteil-Guide an, der in die Kategorien Gastro & Nightlife, Shopping & Service und Fit & Mobil unterteilt ist, würde man meinem Freund auf den ersten Blick zustimmen: Meist gibt es nur zwischen 2% und 10% Rabatt auf ausgewählte Artikel und dies oft bloß an bestimmten Tagen (z.B. bei The Bodyshop: Montag bis Mittwoch 5% Rabatt). Andererseits wird der Heimvorteil auf der Website der Stadt Göttingen als „fetter geldwerter Vorteil“ angepriesen. Laut dem dort angeführten Beispiel könnte man bei aktiver Nutzung 13 € pro Tag sparen, auf ein Semester hochgerechnet wären das 1100€. Allerdings ist dieses Beispiel eher realitätsfern. Wer geht schon täglich zum Friseur, ins Restaurant oder mietet ein Auto? Bei so einem Konsumverhalten hat man den Heimvorteil wahrscheinlich gar nicht nötig.

Ich will den Heimvorteil lieber auf echte Studententauglichkeit testen – kurz gesagt: Welches Nightlife-Potential bietet der unterschätzte Schriftzug auf dem Studiausweis? Ganz motiviert und erpicht aufs Sparen, mache ich mich an die Planung, um gleich einen ganzen Abend im Zeichen des Heimvorteils stehen zu lassen. Ich versuche, meine Freunde zu überreden, den Samstagabend fernab der gewohnten Locations zu verbringen und präsentiere ihnen meine Route, mit der ich hoffe, den Heimvorteil voll und ganz ausschöpfen zu können: Gestartet werden soll in der Gartenlaube, einem Café 20 Meter vom Gänseliesel entfernt. Mich lockt das Heimvorteil-Angebot „alle Cocktails 4,10€“, doch die Biertrinker unter uns meckern, 2,80€ für ein Hefeweizen sei nun wirklich nicht als Vorteil zu bezeichnen. Weiter solls gehen in die Shishalounge Club Barbilon. „Was willst du denn da?“ Ehrlich gesagt ist das bisher auch nicht meine Number-One-Location, aber da gibt’s ne Shisha und einen Cocktail für 9,90€. Das ich sonst nie Shisha rauche, habe ich um des Sparens Willen ganz verdrängt. Dann sehe ich, dass das Angebot samstags gar nicht gilt. Gut, dass wir noch nicht losgegangen sind! Was meine ausgeklügelte Route noch zu bieten hätte, werde ich süffisant lächelnd gefragt. „Also, im Alpenmax könnten wir ein 5€-Freigetränk abstauben.“, sage ich schon fast kleinlaut. Es wird immer später und ich sehe ein, dass ich die Überschrift „Mit dem Heimvorteil günstig und vergnügt durch den Abend“ schon mal streichen kann.

Also durchforste ich weiter den Guide, auf der Suche nach – Oh, das ärgert mich jetzt aber! Erst vor ein paar Monaten habe ich mir einen Ausweis für die Stadtbibliothek ausstellen lassen – für 20 €. Hätte ich meinen Heimvorteil gezeigt, hätte ich nur 10€ gezahlt! Ich blättere weiter: Ach ja, wollte meine Freundin nicht demnächst einen Salsa-Kurs machen? Bei Salsa Sabor im Hagenweg gibt’s darauf 30 % Ermäßigung. Apropos Hagenweg: Hätte ich mir das Heimvorteilheft vor dem Bukahara-Konzert in der Musa neulich genauer angeguckt, hätte ich mir einen Shot-Gutschein an der Kasse abholen können. Außerdem merke ich bei der Lektüre, dass viele Studis es schon mindestens einmal versäumt haben müssen, mit dem Heimvorteil zu sparen:  Was ist mit den Rabatten bei McDonalds, Subway und der Bäckerei Ruch? Da war doch fast jeder schon mal!

Es gibt also tatsächlich Momente, in denen sich der Heimvorteilschriftzug auf dem Studiausweis lohnt. Ihn zu bekommen ist ganz einfach: Nach der Anmeldung des Erstwohnsitzes im Rathaus (zum Anfang jeden Semesters auch am Infopoint) wird euch der Heimvorteil am Glaskasten im ZHG auf den Ausweis gedruckt. Sich mit Erstwohnsitz in Göttingen zu melden, verhilft aber nicht nur zum Heimvorteil: Die Stadt Göttingen wird für jede Wohnsitzanmeldung mit Geldern des Landes Niedersachsen bezuschusst. Diese finanziellen Mitteln kann die Stadt wiederum in die hiesige Infrastruktur investieren: Zum Beispiel die Schwimmbäder erneuern, den öffentlichen Nahverkehr verbessern oder die Fahrradwege ausbauen. Und davon profitieren wir nun wirklich alle!

Wenn du auf den Geschmack gekommen bist und selbst testen willst, wie viel sich mit dem Heimvorteil sparen lässt, findest du alle Adressen und Vorteile auf der Website von Aktion Heimspiel.

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Gwendolyn Barthe, 22, studiert im Bachelor Soziologie. Beim Schreiben isst sie am liebsten Gummibärchen.

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