Göttinger Gründungs-Geschichten: Die richtige Bar mit „BarBQ“

Hattet ihr schon mal einen dieser besonderen Einfälle, von dem ihr gedacht habt, dass sich daraus vielleicht eine richtig gute Geschäftsidee entwickeln ließe? Ich muss leider zugeben, dass dieser Geistesblitz mich bisher noch nicht getroffen hat. Von einer fixen Idee unter Freunden bis zur Gründung eines Start-Ups ist der Weg manchmal aber gar nicht so weit: Das zeigen Simone, Patrick, Ella und Fabian. Sie sind die vier Gründungsmitglieder der Göttinger Kneipen-App BarBQ, um die es in diesem Artikel unserer Serie „Göttinger Gründungs-Geschichten“ geht. Mit Simone und Patrick habe ich mich getroffen, um mehr über die App zu erfahren, die dabei helfen soll, bei dem vielfältigen Angebot von Kneipen, Bars, Cafés und Restaurants in Göttingen nicht den Überblick zu verlieren. BarBQ hat im Jahr 2019 übrigens sogar den ersten Platz in der Kategorie „Gründungspotenziale“ des Start-Up Wettbewerbs „Lift-Off“ der Uni Göttingen gewonnen – mehr dazu aber später!

Die richtige Bar mit „BarBQ“
App-Ansicht BarBQ (Bild: SimPaFee UG)

BarBQ ist eigentlich nur ein Wortspiel, das auf einem schlechten Witz von mir beruht“, erklärt Patrick. „Das steht tatsächlich für Bar-Bewertungs-Quotient und hat, bevor die Frage jetzt kommt, mit Grillen nichts zu tun!“. Das wird auch schnell deutlich, wenn man sich die App einmal anschaut. Tatsächlich findet man hier bisher 134 Bars, Cafés und Restaurants aus Göttingen, die sich nach verschiedenen Kriterien filtern lassen. Ihr sucht zum Beispiel einen rauchfreien Ort, an dem ihr gemütlich mit eurem Date frühstücken gehen könnt? Kein Problem – all diese und noch viele weitere Filter lassen sich in der App einstellen und präsentieren euch dann eine Auswahl an Lokalitäten, die ganz eurem Wunsch entsprechen. Zu jeder Bar gibt es übrigens auch ein paar Fotos und hilfreiche Infos: Der Bierindex gibt zum Beispiel an, wie das Preisniveau einzuschätzen ist, der Flirtfaktor beschreibt, wie leicht es ist, mit anderen Leuten in Kontakt zu kommen. Auch „Bierrouten“ gibt es – wer also noch Inspiration für einen privaten Pub-Crawl braucht, wird fündig. „Diese ganzen Infos haben wir alle auch selbst zusammengetragen“, erzählt Simone. „Die Nutzer*innen müssen sich aber nicht nur auf unsere redaktionelle Bewertung verlassen. Jede*r kann auch seine eigene Bewertung abgeben, man kann dann in der App nämlich sehen, welche Bewertung von uns kommt und was andere Gäste zu der Bar sagen!“.

Gesagt, getan, gegründet: SimPaFee UG
v.l.n.r: Simone, Patrick, Ella, Fabian (Bild: SimPaFee UG)

Die Idee zur BarBQ App kam den vier Freund*innen, die damals alle am Institut für Informatik der Universität Göttingen beschäftigt waren, als sie vor der verschlossenen Tür ihrer Lieblingsbar standen. „Da haben wir uns natürlich eine Alternative suchen müssen und dachten, dass es doch cool wäre, wenn man so eine Übersicht hätte“, erzählt Patrick. Gesagt, getan – wenig später ist die SimPaFee UG gegründet worden. „Das ist unser Firmanname, der setzt sich aus unseren Vornamen zusammen“, verrät Simone. „BarBQ ist dann sozusagen unser Produkt“. Geld verdienen die vier allerdings nicht mit der App: „Nein, also das ist wirklich komplett ein Freizeitprojekt, das nicht auf Kommerz ausgerichtet ist“, sagt Patrick. „Wir machen das einfach, weil wir Spaß daran haben und eben denken, dass andere Leute das gut gebrauchen können“.

BarBQ – ein (zeit)intensives Hobby

Ein Freizeitprojekt, dass nicht nur viel Zeit und Mühe, sondern auch Geld kostet. Etwa fünf bis sechs Stunden, bei der Entwicklung von neuen Ideen sogar mehr, steckt jede*r der vier pro Woche ungefähr in die App. Datenpflege, Marketing, Programmieren, all das gehört zu den regelmäßigen Aufgaben, um aktuell und BarBQ am Laufen zu halten. „Das Ziel ist, dass sich die App irgendwann selbst trägt“, sagt Patrick. „Wir haben halt die Kosten wie die Serverinfrastruktur für die Website, die App in die jeweiligen Stores zu laden kostet Geld, wir müssen eine Buchhalterin bezahlen – all das tragen wir bisher allein. Es wäre schön, wenn sich diese Kosten irgendwann durch die App finanzieren ließen“. Simone erzählt, dass sie gerne an den Punkt kommen möchten, wo sie eine studentische Hilfskraft einstellen können, um zum Beispiel die Daten aktuell zu halten und all die anfallenden Aufgaben zu erledigen. „Wir würden uns dann vor allem darum kümmern, die App weiterzuentwickeln und neue Ideen zu sammeln und umzusetzen“, sagt sie.

„Die App bietet einen klaren Mehrwert“

Ein Modell, wie die App sich selbst tragen könnte, gibt es schon: „Wir wollen erreichen, dass die Bars, Cafés und Restaurants einen kleinen Betrag zahlen, damit ihre Daten bei uns immer aktuell sind“, erklärt Patrick. „Da kann man zum Beispiel entweder selbst den eigenen Eintrag pflegen, das wäre dann etwas günstiger, oder man überträgt uns das Aktualisieren, das würde dann etwas mehr kosten“. Unterm Strich wolle man aber niemandem das Geld aus der Tasche ziehen, beteuern beide. „Es wäre einfach schön, wenn wir in der Kneipenszene so angenommen werden, dass die Inhaber*innen bereit sind, einen kleinen Betrag zu zahlen. Die App bietet ja auch einen echten Mehrwert“, sagt Patrick. Günstiger als eine Anzeige in einer Zeitschrift oder ähnliches zu schalten sei es allemal, ergänzt Simone. Kurz vor Beginn der Corona-Pandemie war das Bezahlmodell tatsächlich auch schon in einer Testphase – wurde dann aber wegen der vielen Schließungen von Gastronomiebetrieben erstmal pausiert und soll nun langsam wieder aufgenommen werden.

Flexibel bleiben

„Etwa 1800 Personen nutzen unsere App schon“, erzählt Simone. „Nach etwa einem halben Jahr am Markt hatten wir ca. 1000 Nutzer*innen, dann kam Corona. Aber auch da konnten wir uns gut weiterentwickeln. Obwohl die Gastronomie zu war, haben gut 800 Personen im Corona-Halbjahr die App geladen“. Zur Unterstützung der Gastronomiebetriebe hat sich das BarBQ Team auch etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Als alles zu war, haben sie eine Liste erstellt auf der ersichtlich war, wo zum Beispiel Essen abgeholt werden konnte, wer welche Charity-Events auf die Beine gestellt hat und ähnliches. „Das kam wirklich gut an“, sagt Simone. „Wie haben übrigens auch den Filter „Lieferservice“ deswegen dauerhaft in unsere App integriert, weil viele Betriebe das zur Zeit des Lockdowns eben so eingerichtet haben“. Momentan erleben wir im November einen erneuten „Teil-Lockdown“ – der kulturelle und gastronomische Sektor sind hier besonders betroffen. Um die lokale Gastronomieszene zu unterstützen, hat sich das BarBQ Team wieder etwas einfallen lassen: Die „Covid-19-Angebote“ in der BarBQ-App. Wo ihr euer Lieblingsessen, Kuchen, Kaffee oder sogar Cocktails „zum Mitnehmen“ bekommt, können ihr somit ganz leicht herausfinden!

Unterstützung beim Gründen: Der Lift-Off Wettbewerb
Patrick als Maskottchen: Die SimPaFee war auch beim Lift-Off Wettbewerb dabei! (Bild: Björn Petersen @digitalabsorption)

Dass die App jetzt so gut läuft, ist vor allem dem Engagement der vier Gründer*innen zu verdanken. „Wir haben damals einfach gemacht und geguckt, was dabei rauskommt“, verrät Simone. „Unterstützung haben wir uns dann aber auch geholt, nämlich bei der Gründungsberatung der Universität Göttingen. Da wurden uns dann Kontakte vermittelt, wir haben regelmäßig an Start-Up Treffen teilgenommen, da gab es viele hilfreiche Tipps“. Ein spezielles Förderprogramm konnte BarBQ nicht in Anspruch nehmen, „aber uns wurde gesagt, dass wir doch einfach beim Lift-Off Wettbewerb 2019 mitmachen könnten“, so Simone. „Das hat auch einen guten Impuls gebracht“, erklärt Patrick. „Wirt haben da ein super gutes Coaching bekommen, ein Pitch Training, wie man seine Idee kurz und gut vorstellt und das Preisgeld von unserem ersten Platz in der Kategorie „Gründungspotenziale“ konnten wir auch gut brauchen“. Fast das beste sei gewesen, so Simone, dass man sich im Rahmen des Wettbewerbes nochmal richtig intensiv mit seiner Idee auseinandersetzen muss. „Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, da teilzunehmen“, sagt sie, „das würde ich auch wirklich jedem empfehlen!“.

Wie es weitergehen soll

Immer einfach ist das selber gründen aber nicht: „Das schlimmste war wirklich die Angst“, erzählt Simone. Da ist so viel, was man einfach nicht kennt, Buchführung zum Beispiel, so viele Begriffe, die neu sind. Aber wenn man den Berg Stück für Stück abarbeitet, klappt es irgendwann. Die Fehlertoleranz ist schon recht hoch!“. Mittlerweile läuft alles rund bei BarBQ, sodass schon Zukunftspläne geschmiedet werden: „Wir hoffen wie gesagt, dass die App sich bald selber trägt“, sagt Simone. Hier sind allerdings nicht nur die Barbesitzer*innen gefragt: Auch ihr könnt BarBQ unterstützen, indem ihr euch die Pro-Version für einmalig 50 Cent herunterladet. „Das ist aber kein Muss“, sagt Simone, „die wichtigsten Funktionen sind alle auch kostenfrei nutzbar!“. Für die Zukunft hat das Vierergespann auf jeden Fall noch einige Ideen: Eine Check-In Funktion für die in der App gelisteten Bars zum Beispiel, was die Corona-Kontaktnachverfolgung vereinfachen könnte. „Die Idee ist aber noch ganz neu, wir müssen schauen, wie wir das mit den Nutzerdaten machen könnten“, so Patrick. BarBQ selbst erhebt solche Daten nämlich nicht, und das soll auch so bleiben. Eine andere Überlegung ist „BarBQ Active – hier könnten zum Beispiel Freizeitaktivitäten gelistet und bewertet werden.

Perlen der Göttinger Gastronomieszene

Eine gute Idee, wie ich finde – wie oft sitzt man am Wochenende zu Hause und weiß nicht recht, was man unternehmen könnte. Solange es BarBQ Active aber noch nicht gibt, kann man sich auch mit der BarBQ App die Zeit gut vertreiben. Je nach dem, ob man es lieber gemütlich oder gesellig haben will, eher Lust auf einen Kaffee hat oder mit seinen Freund*innen einen drauf machen will: Die App hat immer ein paar sehr gute Vorschläge parat. Auch das Café, in dem ich mich mit Simone und Patrick getroffen habe, war übrigens ein Vorschlag von der App: Ein gemütliches orientalisch eingerichtetes Café, das mir vorher noch nie aufgefallen ist, das einen Besuch aber auf alle Fälle wert ist! Ich bin gespannt, welche Perlen der Göttinger Gastronomieszene ich mit BarBQ noch entdecken werde…

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